LÜNEBURG (SR). Mit dem Sammeln von Daten fängt alles an – damit lassen sich Abläufe auf Baustellen standardisieren und anschließend digital abbilden, um Prozesse zu automatisieren. Auf diese Weise hat auch das alteingesessene Hamburger Unternehmen Günther Meyer 2021 die Digitalisierung eingeläutet. Die Geschäftsführer Max Lorenz Hagenbeck und Jonas Plett wollen noch einen Schritt weiter gehen. Sie streben damit die Gesamtsteuerung ihres Unternehmens an, indem sie Aufgaben und Baumaschinen sowie das komplette Baustellenmanagement von der Kalkulation über die Bestellung von Baumaterial bis hin zur Abrechnung miteinander vernetzen. Dabei sollen Daten die Grundlage für ein Produktionsplanungssystem liefern und für die Planung, operative Steuerung und Überwachung der Bauprojekte erfasst und ausgewertet werden. Doch dass nicht immer alles sofort so läuft wie geplant, weiß jeder, der in der Baubranche arbeitet. Daher mussten auch die Geschäftsführer Max Lorenz Hagenbeck und Jonas Plett eine Kurskorrektur vornehmen, damit sie weiter ihr großes Ziel verfolgen können: Mit einem universellen Tool Baustellen effizient und durchgängig managen.
„Wir wollten alle Daten in einem System bündeln und haben anfangs gleichzeitig auf zu viele sich ergänzende Softwarelösungen gesetzt. Das mussten wir umstellen“, erklärt Max Lorenz Hagenbeck. Das ist nicht die einzige Erfahrung. Die andere formuliert Jonas Plett: „Grundsätzlich stimmt die Ausrichtung – die Verknüpfung von Netzwerk und Schnittstellen passt. Doch wir brauchen eine noch bessere Datenqualität.“ Daran wird nun gearbeitet – auch mit der Unterstützung durch das Cat Flottenmanagement VisionLink. Denn es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: „Große Baumaschinen zeichnen exakt die Betriebsstunden auf. Man weiß genau, wann ihr Motor läuft und wie der Füllstand des Kraftstofftanks ist. Bei kompakten Geräten wie Minibaggern, von denen wir eine große Flotte haben, waren solche Daten für uns anfangs nur eingeschränkt verfügbar. Inzwischen ist es aber deutlich besser geworden, sodass wir damit arbeiten können“, ergänzt Jonas Plett.
Aber auch das gehört zur digitalen Transformation: Trial-and-Error, sprich Versuch und Irrtum. Entsprechende Veränderungen wurden von den beiden Firmenchefs eingeleitet, die eine klare Vision von der Digitalisierung haben. So haben sie entschieden, dass es zielführender ist, „eine Buchhaltung ins Haus zu holen, welche die Software von Datev nutzt. Das ist Teil unserer Lernkurve: zusätzliche Unterstützung hinzuholen, wenn man an seine Grenzen kommt. Damit haben wir nun keine Insellösung mehr, sondern wir können unsere Daten tagesaktuell für die Abrechnung der Baustellen abgreifen“, so Max Lorenz Hagenbeck. Für die Rechnungsprüfung nutzen er und sein Geschäftsführer-Kollege längst eine App, weil es schneller und einfacher geht – und das unabhängig davon, ob sie im Büro sind oder auf Baustellen.
Kontinuierlich arbeiten die beiden Unternehmer an der Vernetzung in Bezug auf Optimierung von Workflows, Produktionsprozessen und letztlich Geschäftsmodellen. „Zu Beginn haben wir versucht, zu viele Baustellen gleichzeitig abzuarbeiten, was wiederum zu neuen Herausforderungen geführt hat, als wir alle Daten in einem System zusammenführen wollten. Das Auslesen hat auch geklappt, nur konnten wir nicht selbst Korrekturen vornehmen. Es blieb daher nicht aus, dass wir uns noch mal neu ausgerichtet haben. Aber das gehört eben zur Digitalisierung dazu. Die Konsequenz war: Wir haben unser Hauptsystem über Bord geworfen und unsere Kapazitäten verstärkt, indem wir zu zwei angestellten IT-Spezialisten weitere Freelancer an die Seite geholt haben. Sie haben Komponenten nach unseren Vorgaben programmiert und dem internen Team zugearbeitet“, so Max Lorenz Hagenbeck.
Festgehalten wird an einer Projektverwaltung mit integriertem Produktionsplanungssystem, über das die Arbeitsgeräte den jeweiligen Baustellen zugeordnet werden. Die Intention: Daten aus den API-Schnittstellen zu ziehen und auf Kostenstellen zu bündeln. Daher mussten die Daten der Baumaschinen in das ERP-System eingebunden werden, um so deren Kosten zuordnen zu können. Das übergeordnete Ziel ist es letztlich, das Flottenmanagement VisionLink mit der Zeiterfassung und dem Tracking der Fahrzeuge zusammenzubringen, so dass alle miteinander kommunizieren. Hinterlegt ist daher der zeitliche Rahmen, wie lange etwa ein Bagger für die anstehenden Aufgaben benötigt wird. Daran gekoppelt ist die Logistik, welche die Transporte der Baumaschinen in die Wege leiten muss, aber auch die Lieferung der benötigten Ressourcen wie Bauzäune, Container oder Baumaterial. Von jeder Baumaschine bis hin zur Rüttelplatte werden die Daten per GPS erfasst, sodass die Mitarbeiter eingeben können, wann sie welche Maschinen sowie Geräte wie lange entleihen. Nebenbei erfolgt automatisiert durch die Log-in-Prozesse in den Fahrzeugen oder an Maschinen die Arbeitszeiterfassung. Sobald eine Baumaschine dann auf der Baustelle mit dem Einsatz beginnt, läuft die Zeit, Kosten werden dieser zugeordnet sowie im Projekt verbucht. Die durchgeführten Arbeitsschritte werden im Detail aufgezeichnet und dokumentiert. Mithilfe von GPS werden die Leistungswerte von Baumaschinen, die den einzelnen Bau- und somit Kostenstellen zugewiesen werden, erfasst. Das dient wiederum Auftraggebern als Nachweis der erbrachten Leistung. „Langfristig wollen wir auf Basis von Leistungsverzeichnissen so weit sein, dass wir automatisch angezeigt bekommen, welchen Minibagger wir benötigen, wenn wir damit einen zwei bis drei Meter tiefen Graben anlegen oder ob wir einen oder zwei Radlader für eine Baustelle abstellen müssen. Hier wird uns künstliche Intelligenz auf dem Weg dorthin sehr unterstützen. Aber das ist derzeit Zukunftsmusik. Noch müssen wir viele Daten von Referenzprojekten sammeln, damit wir auch valide Informationen bekommen, auf die wir uns tatsächlich verlassen können“, so Max Lorenz Hagenbeck.
Als zentraler Baustein spielt das Cat Flottenmanagement VisionLink die Hauptrolle, auf welches das Unternehmen zurückgreift, um Daten wie Betriebsstunden, Leerlauf und Kraftstoffverbrauch der Baumaschinen auszuwerten. Zum Maschinenpark gehört eine Flotte an Cat Minibaggern 301.8, ein Kurzheckbagger 308CR, ein Mobilbagger ZM110, die Radlader 906, 906M und 910 sowie Zweischalengreifer, Mischschaufeln, Tief- und Drainagelöffel, Kombischaufeln und Palettengabeln, die Michael Otto, leitender Vertriebsrepräsentant der Zeppelin Niederlassung Hamburg, lieferte. Insbesondere die Möglichkeit der Digitalisierung spielte bei der Investition in den Fuhrpark eine große Rolle für die Firmenchefs, um den Einsatz planen zu können, unvorhergesehene Ausfälle zu reduzieren und um die Kosten der Betriebsstunden genau eingrenzen zu können. „Inzwischen können wir die Leistungsdaten auch an Auftraggeber als Nachweis verschicken. Manchmal haben wir allerdings auch Sonderfälle. Da der Versorgungsnetzbau unser Schwerpunkt ist, gibt es immer wieder Tätigkeiten, die nicht ganz eindeutig zuzuordnen sind, wenn beispielsweise ein Bagger bei der Schachtabsenkung eine Leitung hält und dann steht. Doch bei Stillstand werden keine Arbeitswerte übermittelt. Das exakt zu unterscheiden, ist derzeit noch schwierig. Daher haben wir festgelegt, dass nicht nur die Arbeitszeit, sondern in solchen Fällen auch die erbrachte Tätigkeit von den Mitarbeitern gemeldet werden müssen. Das können wir dann mit den Angaben in den Leistungsverzeichnissen abgleichen zur weiteren Kontrolle“, so die beiden Geschäftsführer. Doch auch das war ein Lernprozess für das Team. „Mitarbeiter müssen den Nutzen hinter den Anwendungen und Prozessen verstehen und nachvollziehen können, warum dieser Schritt für uns so wichtig ist. Wenn sie den Mehrwert dahinter nicht sehen, wird es schwierig mit der Akzeptanz. Sie sollen außerdem wissen, wie sich das in der Gesamtkostenrechnung niederschlägt, wenn beispielswiese ein Bagger kaum arbeitet und er nicht gebraucht wird. Dann sind sie auch bereit, ihn für andere Bauaufgaben frei zu melden, damit die Kostenstelle ihrer Baustelle nicht negativ belastet wird. Doch dieses Umdenken erfordert auch eine große Eigenverantwortung an jeden einzelnen“, fügen sie hinzu.
Langfristig soll über das Produktionsplanungssystem der entsprechende Kapitalbedarf dargestellt und anzeigt werden. „Dann können wir genau ablesen, ob wir bei einem Projekt das Budget und die Termine überschreiten, im kalkulierten Rahmen bleiben oder ob wir noch weitere Kapazitäten in Form von Mitarbeitern oder Maschinen aufbringen müssen“, so Jonas Plett. Diese Messlatte gilt für jedes Unternehmen, will es langfristig erfolgreich sein. „Wir sitzen alle im selben Boot und kämpfen mit den gleichen Problemen: Unsere digitalen Prozesse sollen funktionieren und Einsparungen generieren. Das wird im Zuge des Fachkräftemangels noch wichtiger, wenn wir kaum Fachkräfte für die Arbeiten auf Baustellen finden. Daher müssen im Idealfall die Prozesse so automatisiert sein, dass wir auch mit dieser Personalsituation klarkommen können“, stellt Max Lorenz Hagenbeck dar.
Inzwischen umfasst der Betrieb rund 75 Mitarbeiter, die Gala-, Erd- und Tiefbauarbeiten im Ballungsraum Hamburg bis nach Lüneburg, Stade und Neumünster ausführen. Langfristig soll sich der Betrieb zu einem Generalunternehmer für Infrastrukturmaßnahmen entwickeln. Denn eine Schwesterfirma mit 25 Beschäftigten, die sich auf Elektrotechnik und erneuerbare Energien konzentriert, ist seit Kurzem dazugekommen. Das bedeutete auch, die neue Firma mit der bestehenden zu vernetzen und Unmengen an Daten zu migrieren, damit sie in Zukunft verarbeitet werden können. So soll das System auch eine Holdingstruktur digital abbilden und die einzelnen Unternehmen konsolidieren können.
Max Lorenz Hagenbeck und Jonas Plett brauchen wie alle Unternehmer bei der Digitalisierung einen langen Atem, denn die digitale Ausrichtung eines Unternehmens ist ein langjähriger Prozess. Viele einzelne Schritte auf einer Baustelle müssen dabei betrachtet und miteinander vernetzt werden. Das gilt auch für Bestellungen, für die Hersteller, Mengen und Preise auf Projektebene abgefragt und angezeigt werden müssen. Genauso wichtig: Wann eine Bestellung ausgelöst werden muss, damit die Lieferung von Baumaterial pünktlich erfolgt, sodass weitergebaut werden kann. „Letztlich wollen wir wissen, welche Kosten entstehen, wenn wir Baumaterial vorhalten müssen. Doch das System zeigt den Mitarbeitern auch an, wann sie die Bestellung spätestens auslösen müssen, damit einem Baustart nichts im Wege steht. Wichtig war auch, selbst wenn es nicht einfach war, die ganzen Preissteigerungen und -veränderungen der letzten Jahre mit aufzunehmen“, erklärt Jonas Plett. Genauso intensiv widmen sich er und sein Geschäftsführer-Kollege dem Thema Schadensmeldung einer Baumaschine. Diese sollen die Mitarbeiter mit dem Smartphone und Fotos dokumentieren, um so eine zeitnahe Diagnose sicherstellen zu können und dann die nötigen Schritte in die Wege zu leiten.
Was sich die Geschäftsführer für die Zukunft vorgenommen haben: Sie wollen alle Prozesse konsequent durchdigitalisieren, allerdings setzen sie auf eine eigene Software, die sie selbst entwickeln und mit Standardprogrammen verknüpfen wollen. „Gleichzeitig wollen wir die Schnittstellen zu VisionLink nutzen und Teillösungen übernehmen, allerdings diese selbst modifizieren. Dann haben wir eine Lösung aus verschiedenen Modulen wie Bestellung oder Rechnungsprüfung, die hundertprozentig zu uns passt. Letztlich wäre unsere Vision, dass Bauleiter ihre Baustellen komplett per Handy managen.“ Geplant haben sie, ihre Lösung anderen Firmen in der Branche anzubieten, sobald sie stabil läuft.