LEHRTE (SR). Schon heute sind elektrisch angetriebene Baumaschinen ohne Abgasemissionen bei Arbeiten in geschlossenen Räumen mitunter Grundvoraussetzung. Doch inzwischen fordert die Praxis saubere Baumaschinen, die auch im Hinblick auf den Klimawandel und Umweltschutz auf regenerative Energien zurückgreifen, um den CO2-Ausstoß immer weiter zu reduzieren. Ein anderer Aspekt emissionsarmer Baumaschinen ist, dass sie nicht nur sauberer, sondern auch noch leiser arbeiten. Weil der Markt 2018 keine überzeugende Lösung bot, gab das für das Unternehmen A&S Betondemontage aus Lehrte den Ausschlag, zusammen mit seinem Baumaschinenlieferanten Zeppelin die Entwicklung eines Minibaggers anzustoßen, der wahlweise mit Diesel oder elektrisch per Kabel eingesetzt werden kann. Erste Gespräche gab es auf der NordBau vor zwei Jahren. Auf der bauma 2019 wurde dann in München die Nullserie der neuen Cat Minibagger 302.7 epowered by Zeppelin vorgestellt. Inzwischen wurden die ersten Geräte zur Serienreife gebracht. Drei dieser Hybridmaschinen setzt A&S Betondemontage inzwischen für den Abbruch von Industriegebäuden ein. Ihre große Bewährungsprobe steht gerade an.
„Damit zeigen wir, dass die Maschinen keine Ausstellungsobjekte einer Messe wie der bauma sind, sondern sie müssen sich auf den Baustellen von A&S Betondemontage ihrer Aufgabe stellen und ihre Leistung abrufen können. Das ist die eigentliche Herausforderung und macht einen großen Unterschied aus, weil sie eben nicht nur mal eben 15 Minuten lang leichtes Material bewegen müssen, sondern im Dauerbetrieb arbeiten“, so Oliver Worch, Zeppelin Vertriebsdirektor Nord, der zusammen mit Bernd Gerlach, leitender Verkaufsrepräsentant der Zeppelin Niederlassung Hannover, das Unternehmen betreut und eng eingebunden war in die Entwicklung der neuen Technik. Hinrich und Philipp Detmering sind Geschwister und teilen sich die Geschäftsführung bei A&S Betondemontage. Die Kompetenzen des bald 40 Jahre alten Unternehmens mit über 200 Mitarbeitern liegen im Abbruch, der Altlastensanierung, dem Bohren und Sägen von Beton, in der Schadstoffsanierung sowie auch im Erd- und Tiefbau.
„Es ist inzwischen ein großer Pluspunkt bei Vergaben, wenn wir darlegen können, dass wir emissionsarme Baumaschinen wie die Minibagger von Cat als Dual Power einsetzen können beziehungsweise in den Ausschreibungsunterlagen kann man schon verklausuliert immer öfter herauslesen, dass Auftraggeber großen Wert auf erschütterungsarmes und leises Arbeiten legen“, unterstreicht Hinrich Detmering. Und das war genau der Antrieb, sich für eine Neukonzeption der Baumaschinen einzubringen. Aufgeschlossen neuen Technologien gegenüber dachte sich der Unternehmer: Es muss möglich sein, bei Baumaschinen im Abbruch mehr Emissionen zu reduzieren, als es bislang der Fall ist. „Doch am Markt gab es dazu leider keine passende Lösung. Noch ist der Druck nicht da, sich komplett verändern zu müssen und Konsumenten kaufen eben das, was es gibt. Uns ging es aber von Anfang an eben nicht allein darum, CO2-Emissionen und Treibstoff einzusparen, sondern Emissionen sind ein ganzes Agglomerat, das zu berücksichtigen ist.“ Hierzu zählt er generell feinste Staubpartikel, aber auch Schadstoffe und Geräusche, wie sie auf Baustellen und vor allem im Abbruch an der Tagesordnung sind.
Daher hielt er bei der Entwicklung der neuen Baumaschinen am geräuscharmen Elektroantrieb fest, auch wenn er kein reiner Verfechter der Elektromobilität ist, wie er einräumt. „Ich denke, dass das Konzept derzeit noch nicht ganz ausgereift ist, insbesondere wenn man sich aktuell die Ladeinfrastruktur anschaut“, bewertet er die momentane Situation im Hinblick auf E-Mobilität. A&S Betondemontage wollte Vorreiter hinsichtlich alternativer Antriebe sein und dafür ein ganzheitliches Konzept entwickeln, das die Herausforderungen berücksichtigt, die mit der neuen Baumaschinentechnologie im harten Abbrucheinsatz unter Dauerbetrieb verbunden sind. So wurde mit Zeppelin zusammen ein Lastenheft erstellt, welche Anforderungen die neue Technik erfüllen muss, damit sich die kompakte Maschine durch das einfache Umschalten auf den emissionsfreien Elektroantrieb für Arbeiten in geschlossenen Räumen einsetzen lässt.
„Grundvoraussetzung war: Wenn die Baumaschine im Elektroantrieb arbeitet, darf es keine Abstriche geben, was die Leistung und Schnelligkeit der Arbeitsweise gegenüber der konventionellen Technik betrifft“, lautet eine der zentralen Forderungen. Das Ergebnis ist ein echter Hybrid. Im Elektromodus treibt nun ein am Oberwagen verbauter Elektromotor mit elf kW eine separate Hydraulikpumpe an, welche die Maschinenhydraulik mit dem erforderlichen Ölstrom versorgt. Die Stromversorgung erfolgt über ein am Kabinendach angebrachtes 15 Meter langes Schleppkabel, das einfach in die Steckdose gesteckt wird. Nötig ist dafür ein Starkstrom-Anschluss mit 32 Ampere. Mithilfe der Plug-and-play-Lösung kann der Fahrer jederzeit auf den 17,9 kW (24,3 PS) starken Dieselbetrieb umstellen, ohne dass er sich dabei einschränken oder besonders umstellen muss, sollte einmal keine Stromquelle vorhanden sein.
„Klar war von Anfang an: Wir wollten die Hybridanwendung so einfach wie möglich gestalten, damit der Fahrer nicht aus reiner Bequemlichkeit heraus ausschließlich im gewohnten Dieselbetrieb arbeitet, sondern er von sich aus gerne auf den Elektrobetrieb umstellt, weil es einfach und für ihn dahingehend auch komfortabel ist, wenn die Maschine geräuscharm läuft. Das ist auch gut gelungen, denn die Minibagger und die neue Technik wurden von den Mitarbeitern gleich von Anfang an angenommen“, schildert Hinrich Detmering. Eine weitere Forderung, die das Unternehmen an die Baumaschine stellte: Es wollte mobil und flexibel sein. Eine reine Elektrolösung würde laut dem Geschäftsführer den Einsatz der Baumaschine zu stark einschränken. „Wir müssen unsere Baumaschinen jederzeit umsetzen können“, so Hinrich Detmering. Daher sollte die Option eines Dieselantriebs nach wie vor zur Verfügung stehen. Ein weiterer Aspekt: Wenn keine Batterie geladen werden muss und kein Nachtanken erforderlich ist, werden keine Pausen oder Arbeitsunterbrechungen fällig.
Weil Abbrucharbeiten im Gebäudeinneren oftmals unter beengten Platzverhältnissen stattfinden, wurde als Bauweise die Kurzheck-Konstruktion übernommen. Die nächste konstruktive Herausforderung, die gelöst werden musste: Diesel- und Elektromotor in der Maschine unterzubringen und das Starkstromkabel am Kabinendach so zu befestigen, dass der Fahrer der Baumaschine nirgendwo aneckt oder hängen bleibt und es dann zu Schäden kommt. Auch mit dem elektrischen Zusatzantrieb hat die Maschine einen Hecküberstand über dem Unterwagen von 90 Millimetern. Dadurch kann auch innerhalb von Gebäuden gearbeitet werden, wenn der Fahrer mit wenig Platz auskommen muss. Außerdem darf die Kabelführung des Stromkabels die Bewegung der Baumaschinen nicht einschränken. Eine weitere Rolle spielte neben den Abmessungen des Minibaggers genauso sein Gewicht. „Gerade, wenn wir auf Decken arbeiten, dürfen wir aufgrund der zugelassenen Statik und der Belastung nur ein begrenztes Gewicht haben“, so Hinrich Detmering. Das liegt nun bei 3090 Kilogramm.
Mit den neuen Baumaschinen führt A&S Betondemontage aktuell einen Werksabbruch während der laufenden Produktion aus. „Die Geräte haben eine schwere Aufgabe vor sich“, skizziert der Firmenchef den Baustelleneinsatz. Deswegen haben die Minibagger auch noch ein Zusatzkontergewicht von 120 Kilogramm erhalten, um die Standsicherheit zu erhöhen. Die zugewiesenen Abbruchfelder, auf denen gearbeitet werden darf, sind rund 50 bis hundert Quadratmeter groß. „Was wir da machen, wurde früher hauptsächlich mit wesentlich kleineren Dieselgeräten oder gar per Hand mit Schlaghammer und Stemmeisen erledigt“, berichtet der Geschäftsführer. Das ist mit den Minibaggern aber nun passé. Die Geräte können im Dauerbetrieb mehrschichtig eingesetzt werden und übernehmen dank dem angebauten Hammer schwere Stemmarbeiten. „Wir arbeiten auch nachts und können so die Arbeiten beschleunigen, was auch unserem Auftraggeber gefällt, weil wir schneller vorankommen“, räumt der Geschäftsführer ein. Und das ist eben der große Unterschied zu Maschinen, die nur per Akku betrieben werden können, wenn dann der Akku nach mehreren Stunden leer ist und wieder geladen werden muss. „Durch die von Zeppelin entwickelte Hybridlösung des Cat Minibaggers sind wir 24 Stunden sieben Tage die Woche einsatzfähig und nicht abhängig von einem Akku, weil wir die Baumaschine jederzeit an die Steckdose hängen können“, so Hinrich Detmering.
Zu den Aufgaben, welche die Minibagger darüber hinaus übernehmen, gehören auch leichte Erd- und Tiefbauarbeiten. Sie müssen ein Planum herstellen oder Fundamente ausheben. Daher haben sie neben klassischen Tieflöffeln auch schwenkbare Grabenräumlöffel erhalten. Ein zweiter Zusatzsteuerkreis für solche Werkzeuge ist Bestandteil der Standardausrüstung.
Mit Zeppelin wurde eine Garantievereinbarung getroffen, die auf 4500 Stunden beziehungsweise drei Jahre ausgelegt ist. „Somit haben wir eine vernünftige Regelung gefunden und sind für den Notfall abgesichert“, meint Hinrich Detmering. Darüber hinaus gab es auch eine Lernkurve, die in die Weiterentwicklung der Serienproduktion Einzug hielt. „Von der ersten bis zur zweiten und zur dritten Maschine haben wir alle Verbesserungen einfließen lassen und somit die Technik immer weiter optimiert“, erklärt Oliver Worch. Konkret wurde etwa die Hydraulik an den Hammereinsatz angepasst und die Hydraulikpumpe noch einmal modifiziert. Außerdem wurde in den ersten Bagger ein Datenlogger installiert, der die Maschinendaten aufzeichnete, die von der Werkstatt der Zeppelin Niederlassung Hannover ausgelesen werden, um schnell im Service reagieren und Anpassungen vornehmen zu können.
„Hinter der Neuentwicklung des Minibaggers steht ein nicht unerheblicher Aufwand. Doch wir setzen gerne so eine Neuentwicklung um, denn wir wollen Innovationen weiter vorantreiben, wie es nicht so viele Firmen in unserem Umfeld machen. Wir wollen hier auch auf unsere Kunden aus der Industrie reagieren, die immer öfter emissionsarmes Arbeiten fordern. Der innerbetriebliche Werksverkehr reagiert zunehmend sensibel, wenn man da mit lauten Baumaschinen auf den Produktionsstraßen unterwegs ist. Aber nicht nur im Abbruch, sondern auch generell werden alternative Baumaschinen, die emissionsarm eingesetzt werden, eine größere Rolle spielen“, schätzt der Unternehmer.
A&S Betondemontage nutzt schon längst beim Abbruch in Produktionshallen Elektrobagger, Abbruchroboter oder diamantbesetzte Seilsägen, um möglichst emissions- und erschütterungsarm vorgehen zu können. Sollte in Innenstadtlagen erschütterungsarmes Arbeiten gefordert sein, greift der Betrieb auf Fassadensicherung zurück, um notwenige Teilabbrüche zu realisieren. Den Nachhaltigkeitsgedanken verfolgt der Abbruchspezialist bereits bei der Aufbereitung und Wiederverwendung von Recyclingmaterial – so wird das zerkleinerte Material seit Langem für den Bauuntergrund als Tragschicht genutzt und es wurde begonnen, aus altem Beton einen Zuschlagstoff für neuen Beton zu machen. Doch sind diese Anwendungen allesamt noch ausbaufähig. „Im Recycling von sekundären Rohstoffen gibt es viel Luft nach oben, weswegen wir den Einsatz von R-Beton zukünftig stärker etablieren wollen. Eine Schlüsselrolle haben hier die öffentliche Hand, aber auch private Auftraggeber, Planer und Architekten, die derzeit noch viele Vorbehalte dagegen haben. Häufig findet das Recycling nur „irgendwie“ statt. Wir sehen den Abbruch daher als Rohstoffproduktion der Zukunft, weil viele Rohstoffvorkommen endlich sind, aber auch Deponieraum an Kapazitätsgrenzen gekommen ist“, meint Hinrich Detmering. Das gilt genauso für Boden, der einen nachhaltigeren Umgang erfordert und wieder aufbereitet werden kann. „Leider fehlt uns in Deutschland oftmals der Mut zu mehr Nachhaltigkeit. Wir könnten hier schon viel weiter sein“, beklagt der Geschäftsführer. Mit den neuen Minibaggern ist jedenfalls ein Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gemacht.