KIRCHBERG-ZWINGELHAUSEN (SR). 163 Jahre liegen zwischen Unternehmensgründung und größter Investition der Firmengeschichte. Am 21. April 2023 fiel der Startschuss für den Neubau des Schotterwerks von Lukas Gläser in Kirchberg-Zwingelhausen. Die Investition beläuft sich auf rund 25 Millionen Euro. Den Spatenstich übernahm Frank Hornek, Bürgermeister der Gemeinde Kirchberg an der Murr, mit einem neuen Cat Kettenbagger 395 der 90-Tonnen-Klasse. Damit wird zunächst das Erdreich abgetragen, um die Voraussetzungen für den Neubau zu schaffen – später soll die Baumaschine dann die über der Muschelkalklagerstätte liegenden Abraumschichten abtragen und auch bei der Gewinnung von Muschelkalk ersatzweise aushelfen.
2015 fanden erstmals Gespräche über das neue Schotterwerk statt – zwei Planungen wurden über den Haufen geworfen, bis die dritte Fassung grünes Licht von Gesellschaftern und Beirat der Lukas-Gläser-Gruppe erhielt. Die BImSchG-Genehmigung zum Neubau erteilte das Landratsamt des Rems-Murr-Kreis im Oktober 2022. Mitgetragen haben das Bauvorhaben Gemeinderat und die Verwaltung, erklärte Frank Hornek beim Spatenstich. Die Erleichterung, dass es nun endlich losgeht, stand allen Beteiligten ins Gesicht geschrieben. „Was lange währt, geht endlich los“, äußerte Erich Schmid, Vertreter des Beirats. Ein gutes Fundament, viel Geduld und Motivation erfordern ein Projekt in dieser Größenordnung, das unter der Federführung von Dr. Peter Antweiler, dem technischen Leiter der Rohstoffbetriebe, geplant wurde.
Groß sind in der Tat die Dimensionen: Denn das neue Schotterwerk wird durch seine Höhe von 36 Metern das Panorama in der Region prägen. Der Neubau, für den zwei Jahre Bauzeit veranschlagt werden, wird im Eingangsbereich des Steinbruchgeländes auf einem bereits abgebauten und wieder verfüllten Bereich errichtet. Das erfordert eine mächtige Bodenplatte als Gründung für das 76,5 Meter lange und 24,5 Meter breite Hauptgebäude. Die Arbeiten haben am 2. Mai begonnen. Das Hauptgebäude besteht aus einer Silo- und Siebanlage sowie einem Brechergebäude – als Bauweise wird Stahlbeton gewählt, was Lärmemissionen verringern soll. Eine Entstaubungsanlage reduziert Staubemissionen. Modern wird die Anlage auch noch aufgrund von Steuerungs- und Aufbereitungstechnik nach neuestem Stand basierend auf den Prinzipien von Industrie 4.0. Verbessert werden soll die Energieeffizienz durch höhere Produktivität. Zum Neubau gehören außerdem zwei Nebengebäude: ein neues Waaghaus und ein neues Sozialgebäude, in dem auch ein Labor untergebracht sein wird. Diese werden mit der Abwärme der im Schotterwerk eingesetzten Kompressoren beheizt – den Umgang mit dem Thema Energieeffizienz stellte SPD-Landtagsabgeordneter Gernot Gruber beim Spatenstich heraus. Der Anspruch ist nicht weniger, als das „modernste Schotterwerk in Baden-Württemberg“ zu bauen, was wiederum Arbeitsplätze in der Region sichert. 240 Mitarbeiter arbeiten für das mittelständische Unternehmen in Familienhand, dessen Tätigkeitsfelder nicht nur die Rohstoffbetriebe mit dem Schotterwerk, sondern auch ein Asphaltmischwerk, der Straßen- und Tiefbau, der Kabelbau, die Bau- sowie Betonsanierung sind. Mit dem neuen Schotterwerk steht Lukas Gläser zu seinem Steinbruch, der folglich die weiteren Jahrzehnte betrieben wird, zeigte sich Frank Hornek erfreut über die Investitionsentscheidung in dieser Größe.
Vorteile für den Standort des neuen Schotterwerks ergeben sich aus kürzeren Distanzen für die Transportfahrzeuge. „Derzeit müssen die Lkw tief in den Steinbruch reinfahren, um das Material abzuholen. Deswegen soll die Lagerkapazität in den Silos erhöht werden. Damit verschwinden die Außenhalden. Das verkürzt Maschinenlaufzeiten, spart Treibstoff ein und vermindert den CO2-Ausstoß“, erklärt Christoph Kübler, Geschäftsführer von Lukas Gläser. Stattdessen werden die Rohstoffe über die Förderanlage, die mit „grünem“ Strom betrieben wird, zum Schotterwerk transportiert. Auswirkungen auf den CO2-Ausstoß bewertete auch Ralf Nentwich, Landtagsabgeordneter der Grünen, positiv. Hinzu kommt: Werks- und Kundenverkehr werden getrennt, was sich vorteilhaft auf die Sauberkeit der Fahrbahn auswirkt und den Unterhalt vereinfachen wird. Das alte Schotterwerk, entstanden in den 60er-Jahren, wird nach der Inbetriebnahme rückgebaut. Es hatte den Abbau von Rohstoffen blockiert, die nun abgetragen werden können, bis die Flächen wieder renaturiert werden. Das wiederum erfolgt in enger Abstimmung mit den Naturschutzverbänden.
Auch wenn das alte Schotterwerk modernisiert und immer wieder nachgerüstet wurde, so sei die Zeit für einen Neubau unausweichlich und daher die Investition nötig, meint Christoph Kübler. Schließlich führt eine höhere Verwertungsquote des im Steinbruch abgebauten Materials zu einer nachhaltigeren Nutzung des Vorkommens. Die Investition in das neue Schotterwerk ist für Lukas Gläser ein wichtiger Schritt in die Zukunft, aber auch für die ganze Region von großer Bedeutung, weil damit der Rohstoffbedarf in der Region Rems-Murr-Kreis sowie den angrenzenden Landkreisen für zukünftige Infrastrukturprojekte gesichert wird. Das neue Schotterwerk wird es ermöglichen, den Markt in ausreichender Menge mit Brechsand in der erforderlichen Qualität zu beliefern. Lukas Gläser will außerdem im „Feinbereich“ den Baustoffmarkt mit neuen Produkten versorgen, zum Beispiel mit einem weiteren Zuschlagstoff für Transportbeton. Dieser wird die bisher verwendete Flugasche ersetzen, ein Nebenprodukt aus Kohlekraftwerken – diese wird bedingt durch den Kohleausstieg wegfallen. „08/15 kann jeder, wir suchen nach neuen Möglichkeiten und wollen uns für die Zukunft rüsten“, so Christoph Kübler.
Das Lösen der Abraumschichten und auch die Rohstoffgewinnung werden in Zukunft von dem Cat Kettenbagger 395 übernommen, der den bestehenden Cat 385CL ersetzt. Beladen wird er drei Cat Muldenkipper vom Typ 775G. „Dank seines Monoauslegers mit 8,4 Metern Länge und seinem langen Stiel mit 3,4 Metern Länge, wie sie sonst kein Hersteller bieten kann, erzielt der Bagger eine Reichweite, die von Vorteil bei Abraumarbeiten ist. Damit muss der Bagger nicht so viel hin- und herfahren“, so Martin Wurst, Zeppelin Verkaufsleiter der Niederlassung Böblingen. Seit Jahrzehnten begleitet er seitens Baumaschinenvertrieb die Unternehmensgruppe, die er inzwischen mit seinem Sohn Sebastian Wurst, Zeppelin Verkaufsrepräsentant, betreut. Sie hatten auf der bauma zusammen mit Vertretern von Lukas Gläser die Ausrüstung festgelegt. Diese besteht aus 750 Millimeter breiten Bodenplatten, Steinschlagschutzgitter und einem sechs Kubikmeter großen Felstieflöffel von Cat. „Seine Besonderheit: Er ist auf Optimierung ausgerichtet. Um von einer langen Lebensdauer zu profitieren, wurden am Löffelrücken Verschleißstreifen durch einen doppelten Boden ersetzt. Dadurch wird die Verwindungssteifigkeit und somit die Lebensdauer bei geringerem Eigengewicht erhöht. Der Stahl wird darum nicht so schnell ermüden“, erklärt Martin Wurst die Besonderheit der Baumaschine. Für diese hat sich vor allem der zukünftige Fahrer eingesetzt, nachdem er diesen und zwei weitere Modelle zusammen mit Kollegen getestet hatte. Im Markenlogo von Caterpillar hat sich Lukas Gläser mit seiner enzianblauen Firmenfarbe verewigt, wie es typisch ist für die große Anzahl von Cat Baumaschinen, die neben dem Rohstoffabbau auch im Tief- und Straßenbau im Einsatz sind.