Stadum (SR). Bundesweit erzielten 28 440 Windenergieanlagen 2022 eine Gesamtleistung von fast 58 Gigawatt. Doch inzwischen sind 6 000 dieser Mühlen in die Jahre gekommen – sie sind älter als 20 Jahre. Weitere 7 000 haben das Durchschnittsalter von 15 Jahren überschritten. Weil seit 2020 auch die 20-jährige Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für die Anlagentechnik sukzessive bis 2025 ausläuft, kommt auf die deutsche Windenergiebranche eine große Rückbauwelle zu. Viele Windenergieanlagen werden vorzeitig im Rahmen eines Repowerings durch höhere und somit leistungsstärkere Anlagen ersetzt. Das kommt dem Geschäft von AFH Abbruch entgegen. Der Familienbetrieb sitzt an der Quelle, und zwar in Stadum mitten im Kreis Nordfriesland in Schleswig-Holstein umgeben von Windparks. Von dort aus konzentriert er sich auf deren Rückbau der alten Fundamente und ihr Recycling. Hand in Hand geht häufig der Aushub für Baugruben für neue Windenergieanlagen sowie Baustraßen und Kranstellflächen.
Weil mit der Zeit immer größere alte Anlagen abgebaut, recycelt und neue Anlagen errichtet werden müssen, braucht es auch immer größere Maschinentechnik. „Erst waren es noch bis zu hundert Kubikmeter, dann über 400 Kubikmeter und inzwischen sind wir schon bei 780 Kubikmetern angekommen“, beschreibt Geschäftsführerin Iris Hinrichs die Entwicklung des Volumens. Um darauf reagieren zu können, vergrößerte AFH seinen Maschinenpark um drei neue Cat Kettenbagger. Zwei 326 und einen 330 lieferte Jörg Behrens, leitender Verkaufsrepräsentant der Zeppelin Niederlassung Rendsburg, in diesem Jahr. Schon 2022 wurde je ein Modell in Betrieb genommen. „Wichtig ist uns, dass alles zu unserer vollen Zufriedenheit funktioniert und wir uns auf unser Tagesgeschäft konzentrieren können. Wenn mal was ist, haben wir den Verkäufer da, der alles regelt. Denn der Rückbau der Fundamente belastet die Maschinen sehr, wenn wir den Stahlbeton herausholen. Daher erneuern wir unsere Flotte immer wieder und setzen auf den neuesten Stand der Technik“, so Iris Hinrichs. Den Full-Service übernimmt darum Zeppelin in Rendsburg und stellt deutschlandweit im Austausch mit anderen Niederlassungen sicher, dass AFH Unterstützung bekommt, wenn etwas an den Baumaschinen ist, sollten sie beim Rückbau von Windenergieanlagen fernab der Heimat im Einsatz sein.
Der Aushub wird von AFH mit einem standorttypischen Boden verfüllt, sodass nur uneingeschränkt nutzbare Flächen zurückbleiben. Pfahlgründungen werden gekappt und verbleiben wiederum im Boden, weil es zu aufwendig wäre, sie zu entfernen. „Wir arbeiten schon lange mit den Firmen zusammen, die Altanlagen abbauen, um sie entweder weiter zu verkaufen oder ganz zu verschrotten“, so die Firmenchefin. Und da muss es auch mal eben schnell gehen. „Wir müssen oftmals just in time spontan reagieren, doch zu einem großen Problem sind inzwischen die Transportgenehmigungen geworden. Sie dauern viel zu lange“, beklagt Iris Hinrichs. Auf überbreite Baumaschinen oder ein LGP-Moorlaufwerk wird darum verzichtet, um es nicht noch komplizierter zu machen. „Wir setzen auf lange schmale Ketten, damit haben wir ohnehin die nötige Standsicherheit“, erklärt August Hinrichs, der Firmengründer.
Für die Abwicklung der Maschinentransporte werden gleich zwei BF3 Begleitfahrzeuge benötigt. „So ist es Vorschrift in Brandenburg. Kein Begleitfahrzeug benötigen wir für Fahrten in Mecklenburg-Vorpommern. Eines wiederum brauchen wir in Schleswig-Holstein. Das ist der Bürokratie geschuldet“, meint die Unternehmerin. Denn AFH ist seit der Wiedervereinigung auch in Ostdeutschland aktiv. So entstand ein weiterer Standort in Neuburg bei Wismar. In Steinhausen und am Firmensitz betreibt das Unternehmen zwei Recyclinghöfe, auf denen Stahlbeton, Mauerwerk oder Asphalt aufbereitet werden. Dann kommen die Bagger ebenfalls zum Einsatz, um das Material für die Brecher zu sortieren, die es dann etwa für den Wegebau wieder aufbereiten.
Denn auch das gehört zum Geschäft: Neben dem Aushub für die Baugruben von neuen, leistungsstärkeren Windenergieanlagen müssen von AFH im Zuge des Repowerings neue Wege- und Stellflächen für die Krantechnik gebaut werden. Das spiegelt sich dann in der Ausrüstung wider. So haben die ersten zwei Bagger eine 3D-Steuerung erhalten. „Unsere Auftraggeber schätzen es sehr, wenn wir für Vermessungs- und Absteckungsarbeiten auf Baustellen mit einem Roverstab arbeiten, weil wir dann schneller reagieren können und es beim Einmessen keine langen Wartezeiten gibt. Damit lassen sich schnell und akkurat Flächen ermitteln und diese transparent für Kunden und die am Projekt beteiligten Unternehmen bereitstellen“, erklärt die Unternehmerin. Alle Bagger sind mit dem hydraulischen Schnellwechsler OilQuick ausgerüstet, um den Werkzeugwechsel zu beschleunigen. Für jeden Arbeitsschritt steht das passende Equipment an Arbeitsausrüstung wie Tief- und Sieblöffel, Abbruchsortiergreifer, Aufreißhacken, Hammer und Magnet zur Verfügung. Ob der Cat 326 oder der Cat 330: Sie verkörpern eine neue Maschinengeneration, die mit Assistenzsystemen ausgestattet ist. Hierzu gehört eine integrierte Waage. „Wenn wir damit Lkw beladen, die auf den Straßen unterwegs sind, kontrollieren wir immer das Gewicht, damit wir nicht unter Last fahren. Das ist bei den Spritpreisen auch nötig“, so die Firmenchefin. Zusammen mit ihrem Lebensgefährten Marco Brodersen und ihrem Vater August führt die Betriebswirtin das Unternehmen mit rund 25 Mitarbeitern. „Wir sind ein junges Team und versuchen die Mitarbeiter auch mit neuester Technik wie einer 3D-Steuerung bei der Stange zu halten. Andersherum bringen sich die Mitarbeiter immer wieder mit neuen Ideen ein und machen Vorschläge, wie wir uns verbessern können. Das unterstützen wir“, so Iris Hinrichs, die sich dann auch überzeugen lässt, mal was Neues auszuprobieren. Jüngstes Beispiel: ein Schiebeschild für einen Radlader, ebenfalls 3D-gesteuert, um damit ein Planum zu erstellen.
Windenergieanlagen samt deren Komponenten lassen sich bis zu 90 Prozent recyclen und somit wieder zurück in die Wertschöpfungskette führen. Das gilt für die verbaute Elektrik sowie den Turm und seine Stahl-, Kupfer-, Aluminium- und Betonkomponenten. Schwerer wird es bei den Rotorblättern. Bei der Wiederverwertung der aus Faserverbundstoffen bestehenden Flügel arbeiten verschiedene Unternehmen noch an Entsorgungskonzepten. Anders bei den Gründungen. Sie können rückgebaut und der verbaute Betonstahl recycelt werden, auf was sich AFH ebenfalls konzentriert. Während der Stahl der Stahlproduktion zugeführt wird, bietet sich der Betonbruch wiederum für den Wegebau und Stellflächen für einen Kran an. Diese realisiert das Unternehmen, wenn die Infrastruktur für einen neuen Windpark geschaffen wird. „Wir haben uns schon längst mit der neuen Mantelverordnung für Ersatzbaustoffe, die ab ersten August in Kraft tritt, beschäftigt. Das gilt für den Umgang mit Altlasten, aber auch für nötige Bodengutachten. Bei jedem Windpark steht uns kontinuierlich eine ökologische Baubegleitung zur Seite, die das Vorhaben durchgängig von Anfang bis Ende unterstützt. Wir achten ohnehin sehr darauf, den Eingriff in die Natur zu minimieren, wenn wir den Boden aufschichten, um keine Bodenbrüter zu vergrämen“, so Iris Hinrichs.
Große Abbrüche wie der Rückbau eines 32 Meter hohen Futtersilos in Friedrichstadt sind in der ländlich geprägten Region selten. Doch sind konventionelle Rückbauarbeiten bei AFH durchaus an der Tagesordnung. In Zusammenarbeit mit Fachbetrieben erfolgt auch die Entkernung und Schadstoffsanierung. Aufträge rund um das Repowering sind dagegen zu einem festen Standbein geworden. Und beim Geschäft mit der Windkraft wird wohl AFH die nächsten Jahre weiter an Fahrt aufnehmen.