26.06.2020
ERKERTSHOFEN (SR) Ganz oder gar nicht: Wer ein neues Geschäftsfeld eröffnet, will in der Regel keine halben Sachen machen, um sich am Markt zu etablieren, sondern voll einsteigen. Sonst kann man es gleichbleiben lassen – so die landläufige These. Doch dass sich der von der Firma SH-Jura übernommene Jura-Steinbruch im Altmühltal so rasant entwickeln würde, hätte sich selbst Geschäftsführer Josef Seizmeir nicht träumen lassen. Er hatte 2015 einen Steinbruch bei Titting samt Abbaugenehmigung und entsprechenden Verpflichtungen wie der Rekultivierung übernommen. Ursprünglich sollte der abgebaute Rohstoff dazu dienen, die eigenen Baustellen mit Splitt und Schotter zu versorgen. Doch auch andere Abnehmer der Baustoffe fanden sich, und zwar deutlich mehr als zunächst geplant. Der Natursteinhandel von Josef Seizmeir vermarktet Füllmaterial für den Garten- und Landschaftsbau, wenn er es nicht selbst benötigt. Ursprünglich war er von 100 000 Tonnen Material ausgegangen. „2019 haben wir 150 000 Tonnen umgesetzt und sind damit an die Kapazitätsgrenze gestoßen“, meint Josef Seizmeir. Die Folge sind Investitionen, um sich auf die vermehrte Nachfrage einzustellen und den Rohstoffabbau effizienter auszurichten.
„Am Anfang war der Grundgedanke da, mit einer eigenen Lagerstätte unabhängig zu sein. Doch inzwischen erhalten wir immer mehr Anfragen nach Splitt und Schotter aufgrund der regen Bautätigkeit insbesondere rund um die Ballungsräume München, Ingolstadt und Nürnberg. Dort wird es immer schwieriger mit einer Abbaugenehmigung von Kies, sodass wir mit unseren im Altmühltal produzierten Baustoffen gefragt sind. Dabei wäre es eine drängende Aufgabe unserer Politik, angesichts des Bedarfs in der Bauwirtschaft für ausreichend Genehmigungen zu sorgen und die Genehmigungsverfahren zu vereinfachen“, führt Josef Seizmeir aus. Warum seine Produkte immer mehr Abnehmer haben, hat auch mit dem Dienstleistungsgedanken zu tun, den seine Mitarbeiter leben. „Die Kunden wissen, dass wir keine starren, bürokratischen Öffnungszeiten haben und sie auch am Samstag oder Freitagnachmittag zu uns kommen können und bedient werden“, so Bauingenieur Josef Seizmeir junior, der seit mittlerweile drei Jahren im Betrieb seines Vaters Mitgesellschafter ist und ihn als Bauleiter unterstützt.
Eine vormals landwirtschaftlich genutzte Fläche neben der bestehenden Lagerstätte wurde nun erworben, um den Abbau des Jura-Steinbruchs weiter ausdehnen zu können. Hinzu kommen somit 1,5 Hektar, sodass sich der gesamte Abbaubereich auf 80 000 Quadratmetern Fläche erstreckt. Mithilfe eines Cat Kettenbaggers 336FLN samt Hydraulikhammer wurde bislang das Material für den Brecher bearbeitet und für die Aufgabe zerkleinert. Am Ende des Förderbands nahm es dann ein Cat Radlader 962M mit seiner 3,8-Kubikmeter-Schaufel wieder auf und beschickte Lkw. Das soll auch weiterhin so beibehalten werden.
Frischer Wind kommt nun in Form einer weiteren Gewinnungsmaschine in den Betrieb, denn ab sofort soll ein Cat Radlader 982M diese verstärken. „Damit rückt das Unternehmen maschinentechnisch gesehen in eine neue Liga vor, wenn man bedenkt, dass der Ursprung der Firma der Straßen- und Galabau war, bei denen kompakte Maschinengrößen dominieren“, so Jürgen Karremann, als Vertriebsdirektor Bayern verantwortlich für die Zeppelin Niederlassung München und zugleich Hauptlieferant der Baumaschinen, welche die Seizmeir-Gruppe einsetzt.
150 Millionen Jahre Erdgeschichte haben ihre Spuren im Altmühltal hinterlassen: Fossilien wie Ammoniten zeugen davon, dass hier einmal ein Meer die Erde überdeckte. Entstanden sind Ablagerungen, die den Jurakalkstein bildeten. Die Schichten sind in der Regel durch Tonlagen voneinander getrennt und variieren hinsichtlich ihrer Mächtigkeit. Um Platten und Blöcke herauszulösen, will der Betrieb auf die geballte Kraft in Form des neuen Cat 982M zurückgreifen. Mit seinem Hebezahn setzt dieser an, schiebt ihn unter die Schicht und bricht diese dann heraus. Welche immensen Kräfte die Baumaschine aufbringen muss, kann man sich kaum vorstellen. Daher wurde der Lader mit einem zusätzlichen Kontergewicht verstärkt, um so für eine gleichmäßige Lastenverteilung auf die Maschine zu sorgen.
„Der Abbau muss sich verändern, damit wir anders produzieren können. Wir wollen in Zukunft auch Rohblöcke herstellen, allerdings nicht selbst weiterverarbeiten“, erklärt Stefan Hausmann, Prokurist bei der Seizmeir-Gruppe. Damit soll die Produktionspalette erweitert werden. „Manche Bereiche des Vorkommens sind zu schade, um den Rohstoff zu Splitt und Schotter zu brechen. Sie eignen sich besser für Werksteine“, ergänzt Josef Seizmeir. Möglichst viel von dem Vorkommen will er verwerten und die komplette Wertschöpfung nutzen.
Daher wurde als Ausrüstung des 35 Tonnen schweren Ladegeräts der Hebezahn gewählt, um Schicht für Schicht herauszubrechen. Mit dem Lösen des Natursteins ist der Lader noch nicht am Ende – er muss die Blöcke mit einem Volumen von rund zehn Kubikmetern und einem Gewicht von bis zu 27 Tonnen auch noch verladen. Für diese Aufgabe tauscht der Cat 982M mit einem Schnellwechsler den Hebezahn gegen eine Steingabel aus.
Ganz Unternehmer hat Josef Seizmeir auch die Vielseitigkeit der Baumaschine im Hinterkopf. Deren Tätigkeitsprofil reicht vom Brechen über das Verladen und den Abraum abfahren bis hin zum Aufräumen der Lagerstätte. „Wir sind mit der Baumaschine eine Spur flexibler. Sollte einmal ein Radlader ausfallen, können wir im Notfall auch den Cat 982M mit seiner Schaufel nutzen“, meint er. So kann die Baumaschine für den Cat 962M oder einen Cat 924H einspringen, der ebenfalls Verladetätigkeiten übernimmt und eigene Lkw sowie Lkw von Kunden bestückt, wenn sie wieder Nachschub an Splitt und Schotter ordern.
„Wir haben das Bohr- und Sprengverfahren dem Radladereinsatz gegenübergestellt. Kostenmäßig gibt es keine Unterschiede. Allerdings spricht für den Radlader, dass wir damit Sprengungen reduzieren können, die wir zwar auch ausführen dürften, aber auch im Hinblick auf niedrigere Emissionen können wir den Rohstoff so mit möglichst wenig Erschütterungen gewinnen“, meint der Unternehmer. Vor dem Hintergrund eines emissionsarmen Betriebs spielt auch die verbaute Motorentechnik, basierend auf dem neuesten Stand, eine nicht unerhebliche Rolle. Nachhaltig erfolgt auch die Stromversorgung auf dem Gelände – ein Bau- beziehungsweise Bürocontainer erhielt Fotovoltaik-Module an der Fassade und einen Stromspeicher, um autark zu sein. Mit Strom versorgt werden die Außenbeleuchtung, die Waage, der Computer und Drucker, der LTE-Anschluss mit Live-Kameraüberwachung und Übertragung der Daten in Echtzeit in eine Cloud.